18.11.2019
Parmelin Minutes
Bundesrat Guy Parmelin über die Perspektiven der Schweizer Wirtschaft für 2020

Wirtschaftsminister Guy Parmelin im Gespräch mit Felix E. Müller am 18. November 2019
Im Kreis der Alliance Economie-Politique vermittelte Wirtschaftsminister Guy Parmelin ausgewählten Gästen seine Einschätzung, wie sich die Schweizer Wirtschaft im kommenden Jahr entwickeln dürfte, und sprach über einige Schwerpunkte seiner Tätigkeit in den kommenden Monaten. Was die Weltwirtschaft betrifft, sei diese etwas unübersichtlich geworden, weil sich Handelskonflikte häuften und die Zahl der Krisenherde zunehme. Zudem verschlechtere sich die konjunkturelle Situation im wichtigen Exportland Deutschland. Das bleibe nicht ohne Folgen für die Schweiz, weshalb er im kommenden Jahr mit einem abgekühlten Wachstum rechne, aber keiner Rezession. Zwar seien die nominell genannten Wachstumszahlen für 2020 gar etwas höher als die gegenwärtigen. Aber weil 2020 grosse internationale Sportveranstaltungen wie Olympische Sommerspiele oder Fussball-EM stattfinden, werde das reale Wachstum tiefer liegen. Denn wegen der grossen Geldflüsse, die solche Ereignisse auslösen und die häufig über die Schweiz laufen, werde das Schweizer BIP etwas ins Positive verzerrt. Man beobachte aber die Situation im Bereich Swissmem aufmerksam, wo eine leichte Zunahme der Kurzarbeit festzustellen sei. Doch ein Flächenbrand drohe da vorderhand nicht.
Sollte sich die Situation verschlimmern, würden Massnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen noch wichtiger, die Parmelin ohnehin plant. So will er die Wirtschaft durch einen Regulierungsabbau von bürokratischem Aufwand entlasten. Dass der Wahlsieg der grünen Parteien im Gegenteil einen neuen Regulierungsschub auslösen werde, glaubt Parmelin eher nicht. Letztlich sei es aber Aufgabe des Parlaments, hier die Weichen zu stellen. Zu besseren Rahmenbedingungen zählt der Wirtschaftsminister auch Freihandelsabkommen (FZA). Vor allem in Bezug auf das Abkommen mit den südamerikanischen Staaten (Mercosur), das fertig ausgehandelt auf dem Tisch liegt, zeigte er sich optimistisch, dass dieses im Parlament Unterstützung finden werde. Was die Pläne eines Freihandelsabkommens mit den USA betrifft, war der Grundtenor zurückhaltender. Man befinde sich jetzt in der Phase exploratorischer Gespräche und könne noch nicht sagen, ob ein FZA mit den USA klappen wird. Freihandelsabkommen würden aber immer wichtiger für die Schweiz, weil die WTO bald vollständig blockiert sein wird.
Ein grosses Geschäft erwartet Parmelin im kommenden Jahr mit der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation für die Periode 2021 – 2024 (BFI-Botschaft). Hier geht es um eine Gesamtsumme von über 8 Milliarden Franken. Parmelin möchte generell die Digitalisierung fördern, daneben aber ein besonderes Augenmerk auf die Berufsbildungskosten sowie auf Massnahmen zur Förderung der Berufsbildung und Weiterbildung legen. Die Schweiz müsse weiterhin an der globalen Spitze von Forschung und Innovation bleiben. Deshalb sei ein Ausgabenwachstum von etwa 2,5 Prozent geplant.
Als das Gespräch dann auch noch auf die Landwirtschaft kam, spürten die Anwesenden, dass dem Weinbauer Parmelin dieses Thema sehr am Herzen liegt. Er nahm die Bauern in Schutz vor zahlreichen ungerechtfertigten Angriffen in den Medien. Auch der Einsatz von Pestiziden werde übertrieben dargestellt. Das ökologische Bewusstsein der Schweizer Bauern sei gut entwickelt. Vor allem könne man nicht beides gleichzeitig haben: Ganz billige Lebensmittel und ganz nachhaltig produzierte. Auch hier sei letztlich das Parlament für die Weichenstellungen verantwortlich.
Ganz zum Schluss wartete der Wirtschaftsminister und ehemalige Weinbauer mit einem ganz handfesten, aber wichtigen Tipp für das kommende Jahr auf: Der Weinjahrgang 2019 werde exzellent, verhiess er.
Felix E. Müller